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derofa Durchschnittswertung - 7.5/107.5/10
Spielenswert
Ganz plötzlich - auf leisem Garn - wurde auf der E3 2018 “Unravel Two” als “Shadow Drop” veröffentlicht. Mit dieser (damals noch unüblicheren) Marketing-Strategie, generierte Publisher Electronic Art’s viel Aufmerksamkeit und erreichte, mit dem “Official Reveal Trailer”, bis heute, ganze 3,6 Mio. Aufrufe auf dem hauseigenen Youtube-Channel.
Der Cinematic-Puzzle-Platformer der schwedischen Entwickler von Coldwood Interactive löste auch in uns enorme Vorfreude aus. Schließlich war sein Vorgänger nicht weniger als eine der Inspirationen für unser ganz eigenes Herzens-Projekt.
Warum wir als große Fürsprecher des ersten Teils “Unravel” (2016) ein wenig enttäuscht von der Fortsetzung sind, was für Gründe das hat und was der neue Ausflug von Yarny in kühl-herbstliche Gefilde dennoch ausmacht, verraten wir euch im Test.
Genre: Geschicklichkeit, Jump ’n’ Run, Puzzle, Side-Scroller, Cinematic Platformer
Originaltitel: Unravel Two
Produktionsland: Schweden
Entwicklerstudio | Publisher: Coldwood Interactive | EA Originals
Game Director: Martin Sahlin
Musik: Frida Johansson, Henrik Oja
Spielmodus: Einzelspieler, Mehrspieler (lokaler Koop-Modus mit zwei Spielern)
Spielzeit: ca. 5 Stunden (Hauptstory), ca. 8 Stunden (Hauptstory + Nebenaufgaben), ca. 14 Stunden (100%)
Sprache: Volle deutsche Lokalisierung
Plattformen: PlayStation 4, Xbox One, Nintendo Switch, PC (Stand: 25.10.2025)
Altersfreigabe: USK 6
Universum: Unravel
Vorgänger: Unravel (2016)
Ähnliche Titel: Unravel (2016), Little Nightmares (2017), Gris (2018)
Wertung: 
Testplattform: PlayStation 4
Autor: Jannik
Verfasst am: 29. August 2021
Lesezeit: ca. 6 Minuten (Direkt zum Fazit)
Musik zum Lesen:

In tiefe Seilfurchen
Nachdem wir uns erst kürzlich dem Puzzle-Plattformer “Unravel” (2016) in einem ausführlichen Test gewidmet haben, soll nun auch der zweite Teil seinen Platz in unserem Tagebuch bekommen.
Dabei schreitet “Unravel Two” (zumindest für uns) in großen Fußstapfen - oder treffender ausgedrückt - Seilfurchen. Schließlich hat uns Yarny’s philosophische Reise über Stock und Stein, mit seiner malerischen Stimmung, bereits im Erstlingswerk des schwedischen Studios Coldwood Interactive, komplett vereinnahmt und fasziniert.
Da innerhalb der Spielereihe “Unravel” (dt. entknoten) der Name Programm ist, haben sich die Entwickler rund um Game-Director Martin Sahlin für die Fortsetzung einen neuen Kniff überlegt. Unter dem Motto und Titel “Unravel Two”, sollen wir dieses Mal die zauberhafte “Unravel”-Welt und seine Puzzleleien zu zweit im Koop-Modus erleben.
Der Release von “Unravel Two” erfolgte fast so heimlich und unaufgeregt wie sich damals “Unravel” spielte. Auf der Spielemesse E3 im Jahr 2018, kündigte Publisher EA abermals unter dem Banner “EA Originals”, das Spiel unter der Phrase “AVAILABLE NOW” an. Hier geht’s zum Trailer. Heutzutage nennt man das in der Szene dann wohl “Shadow Drop”.
Soweit so fein! Nun haben Fortsetzungen natürlich eines gemeinsam. Sie müssen sich immer am Vorgänger messen lassen. Wie schlägt sich also “Unravel Two”?!

Eine schöne Überraschung: “Unravel Two” wurde am 9. Juni 2018 auf der E3 enthüllt und war sofort verfügbar
Erneuerungen
Alles auf Koop
Dieses mal steht alles im Zeichen von Kooperation. Der neue Koop-Modus ist das Kernelement und Herzstück von “Unravel Two”. Zwar kann man das Spiel immer noch alleine spielen und zwischen den beiden Yarnys hin und her wechseln, prädestiniert ist es jedoch (wie der Name schon andeutet) für zwei Spieler. Fest steht jedenfalls, es hat sich eine blaue Spielfigur namens “Tangle” (dt. Gewirr) zum roten Yarny hinzugesellt. Der Einfachheit halber sprechen wir im folgenden jedoch von Yarnys.
Diese neue Ausrichtung hat zur Folge, dass wir hinter uns keinen roten Faden mehr durch die malerisch-holzig-kühle Spielewelt herziehen, um Erinnerungen einzusammeln und wieder zurückzubringen. Vielmehr sind nun die zwei Yarnys untrennbar miteinander verbunden und hängen buchstäblich voneinander ab. Im Grunde eine ebenso gute Metapher! Doch nur auf den ersten Blick. Dazu später mehr.
Übrigens könnt Ihr “Unravel Two” solo oder lokal im Couch-Koop zocken. Ein Online-Koop ist nicht vorhanden.

Aus eins mach zwei. Der blaue Tangle, dessen Kopfform an einen Sichelmond erinnert, ist nun mit von der Partie
Neue Mechaniken
Abgesehen davon gibt es einige weitere Erneuerungen in Sachen Gameplay. Sofort fällt auf, dass die Bewegungen etwas schneller ablaufen als im Vorgänger. Die Yarnys steuern sich also gefühlt etwas flinker und mit weniger Verzögerung.
Der Radius der super spaßigen Schwungmechanik, welche den Erstling maßgeblich mit ausgemacht hat, wurde ebenso erweitert. Außerdem hat Yarny das schwimmen gelernt und seine Sprungkraft trainiert. Hinzu gekommen sind außerdem - ganz Jump ’n’ Run typisch - klassische Wandsprünge. Zusätzlich können wir das Aussehen unseres Garnknäuls anpassen und beide Yarnys ineinander verknoten, sodass aus zweien einer entsteht und so Hindernisse möglicherweise leichter überquert werden können.
Das Spielprinzip bleibt sich in seinen Grundzügen jedoch treu. Unsere kleinen Retter müssen physikbasierte Puzzle-Rätsel meistern um … nun ja, was denn eigentlich?

Einige neue Mechaniken bringen frischen Wind in “Unravel Two”
Das Schicksal von Fortsetzungen
Funke statt Faden
Das prägende Story-Element von “Unravel” waren die noblen Absichten von Klein-Yarny. Der wollige Held lies nichts unversucht, die Erinnerungen aus der Spielwelt einzusammeln und zurück ins Fotoalbum einer betagten Dame zu bringen. Yarny stand für die Bindungen der Menschen untereinander, wie Creative Director Martin Sahlin verriert.[1]
Im zweiten Teil hingegen, verbinden sich zwei scheinbar verloren gegangene Yarnys miteinander - und ein Funke entsteht. Dieser Funke leitet die Spieler durch die Welt von “Unravel Two”. In jedem Abschnitt zeigt eine funkelnde, kreisförmige Energie, den Weg. Nebenbei sehen wir in die Spielwelt eingebettete Szenen von Kindern, die versuchen Erwachsenen zu entkommen. Wie Sahlin im Interview mit EA preisgibt, sei seine Inspiration diesmal Kindheitsabenteuer gewesen.


Schließlich ließ er jedoch außerdem durchblicken:
Hinkende Übertragung
Die Metapher mit den verbundenen Garnknäulchen, welche für “neue Verbindungen” steht, wirkt wie in unserem Abschnitt “Alles auf Koop” bereits angedeutet, zuerst stimmig. Sie erwies sich für uns im Verlauf jedoch etwas weniger träumerisch und interpretierfreudig, als die Grundprämisse aus dem ersten Teil.
Auf das spielerische übertragen, stellt sie sich ebenfalls als etwas hinkend heraus. Da der Funken den Weg teilweise verräterisch vorkaut, nimmt dieser so etwas Schwierigkeit aus dem Spiel und spoilert ungeniert Lösungsansätze.

In “Unravel Two” fühlten wir uns zu oft getrieben vom Funken. Selbst erkunden wurde so unbefriedigender.
Außerdem müssen beim Zugriff auf den sogenannten “Hub” des Spiels (auch auf der PS4 Pro) lange Ladezeiten einkalkuliert werden, welche etwas aus dem Fluss herausreißen. Dies funktionierte für uns weit weniger gut als im Erstling. Die zerbröckelten Inhalte aus dem Fotoalbum der alten Dame, welche erneuert werden mussten, gingen uns im ersten Teil einfach näher, als die nun Pantomime spielenden Kinder.
Auch das Design der Spielwelt wirkt ein Quäntchen weniger Idyllisch. Viele lärmende Maschinen und etwas weniger Natur offenbart sich. Die Kamera ist darüber hinaus häufig etwas zu weit weg positioniert, sodass die kleinen Yarnys trotz knalliger Farbgebung manchmal schwer auszumachen sind und untergehen. Der Vorgänger wirkte hier insgesamt einfach runder, abgestimmter und vor allem visuell und atmosphärisch schöner!

Hier können wir die kleinen Yarnys noch relativ gut erkennen. Das ist nicht immer so.
Fazit - Einige Knoten - jedoch ein stabiles Garn
Zweispieler-Modus als Schwäche?!
Versteht uns nicht falsch. “Unravel Two” ist auch diesmal ein spielenswerter bis ausgezeichneter Puzzle-Plattformer der schwedischen Entwickler von Coldwood Interactive geworden. Und auch wenn “Unravel Two” kein schlechtes, sondern viel mehr ein spielenswertes bis ausgezeichnetes Spiel ist, bleiben dennoch einige große Stärken des Erstlings auf der Strecke - und damit einige Knoten im Garn.
Der Zweispieler-Modus erwies sich für uns als zu viel Gewirr im Strick-Korb. Er will einfach nicht so recht zur ruhigen Grundatmosphäre des “Cinematic Platformers” passen! So stört das “aufeinander warten” den Spielfluss und gemeinsames hüpfen wirkt chaotisch. Das erhöhte Schwung- und Sprungtempo tut sein übriges und fördert so Slapstickeinlagen. Auch getimte Events können von Spieler eins ausgelöst werden, während Spieler zwei hinterher hinkt.
Game Director Martin Sahlin gibt zu:

Manchmal ist weniger mehr. Zwei Yarnys sind nicht unbedingt besser als einer.
Level-Verhältnis
Ein weiterer Wermutstropfen zeigt sich im Verhältnis der Level von “Unravel Two”. So bietet das Spiel nur sieben Storylevel und zusätzlich ganze zwanzig Herausforderungslevel, in denen aufgeteilt in drei Schwierigkeitsgrade, Puzzle gelöst werden müssen. Auch wenn - zugegeben - ein Hauptlevel mehr Spielzeit auf die Uhr bringt als ein Herausforderungslevel, ist die Balance hier nicht wirklich gegeben. Die Hauptstory kommt spürbar zu kurz.
Hätte man - als Lösungsansatz - vielleicht die physikbasierten Puzzle aus den Herausforderungsleveln - mitsamt der dafür eingesetzten Energie - schnappen - und in weitere Story-Hauptlevel integrieren müssen?! - Vielleicht.

Was am Ende wirklich gleichwertig bleibt ist nur die Musik von den Komponisten Frida Johansson und Henrik Oja, welche sich bereits für Teil eins verantwortlich zeichneten. Wieso? Deshalb:
Schlussendlich stellt sich also heraus: Wir ziehen unseren roten Faden nicht mehr unentwegt durch die “Unravel”-Welt und damit fällt diese wunderbare Metapher weg. Und die ist wichtiger als man denkt, hatte man so doch immer das Gefühl, etwas zurück zu lassen und einen Anker zu haben. Der Anker ist nun der zweite Spieler - und der gibt nicht immer den Halt, den ein Yarny-Garn zum Klettern braucht.

Wie steht’s um eine Fortsetzung?!
Coldwood Interactive ist Geschichte
Als wäre das nicht schon deprimierend genug, gibt es zum melancholischen Abschluss noch traurigere Nachrichten. Nämlich aus dem Hause Coldwood Interactive. Schenkt man einer plausiblen Einschätzung eines Reddit-Nutzers glauben, hat sich das schwedische Studio mittlerweile aufgelöst.[2]
Laut Martin Sahins LinkedIn-Profil verlies er das Studio im Jahr 2022. Die Website der “Unravel”-Schöpfer sei mittlerweile ebenfalls nicht mehr erreichbar.
Doch wir schließen selbstverständlich nicht ohne Hoffnungsschimmer (oder Funke) ab. Die treibende Kraft hinter der Spielereihe ist mittlerweile firmiert als “Windup Games” in Erscheinung getreten. Das Studio ist wie seinerzeit Coldwood Interactive in Umeå (Nord-Schweden) ansässig. Und es kommt noch besser: Mit dem 3D-Platformer “Hela”, haben die Macher bereits ein extrem vielversprechendes neues Werk im Köcher, was genauso einen malerischen Eindruck macht, wie einst “Unravel”.
Die Veröffentlichung ist für 2026 geplant.[3] Das Koop-Abenteuer-Spiel soll dann für alle gängigen Plattformen (PS5, Xbox SX, Nintendo Switch 2 und PC) erscheinen. Wir sind gespannt und können es nicht erwarten, das Spiel ausführlich unter die Lupe zu nehmen! Bis bald.

Impressionen zu “Hela”







Trailer zu Windup Games “Hela”
“World Premiere Trailer”
“Summer Showcase Trailer”
“Gamescom 2025 Trailer”
“October Fan Fest Trailer”
Trailer zu “Unravel Two”
Der “Official-Reveal-Trailer” zu “Unravel Two”
